Pressemitteilung von Pro Bahn Starkenburg vom 04.01.19

Bahn ins Gersprenztal erhalten!

 

Angesichts der bevorstehenden Entscheidung der Groß-Bieberauer Kommunalpolitik über die Zukunft der stillgelegten Gersprenztalbahn zugunsten einer Ortsumgehung (Echo vom 20.12.2018) warnt PRO BAHN davor, Zukunftsoptionen zu verbauen.

 

GROSS-BIEBERAU, 04.01.2019. Um eine Bahnlinie zu reaktivieren, müssen hohe rechtliche und wirtschaftliche Anforderungen erfüllt werden. Ist eine Trasse erstmal entwidmet, rückt eine Reaktivierung in weite Ferne. Müssen dann auch noch neu gebaute Straßen aufwendig überbrückt oder unterführt werden, wird eine Reaktivierung aus Kostengründen bald unmöglich.

 

Das Riesenproblem in Groß-Bieberau ist nach Ansicht von PRO BAHN nicht die Bahntrasse, sondern die große Verkehrsbelastung durch die B38. Ziel muss es sein sich auf dieses Problem zu fokussieren und nicht die Verkehrsträger gegeneinander auszuspielen, wie das die Groß-Bieberauer FDP beispiellos demonstriert, indem sie einen Beschluss gegen die Bahn initiieren möchte [1].

 

"Nur ein gesunder Mix aus verschiedenen Verkehrsmitteln kann die Mobilität der Menschen gewährleisten, nicht die Verhinderung einer denkbaren Lösung zugunsten einer anderen", beklagt Peter Castellanos, Vorsitzender des PRO BAHN Regionalverbands Starkenburg das einseitige Wettern gegen eine potenzielle Bahnreaktivierung. Als Argumente dafür, sich endgültig von der Bahn zu verabschieden, nennt die FDP zum einen die Kosten für eine Brücke und zum anderen angebliche Planungsverzögerungen, die aus der Widmung der Strecke herrühren würden. Zumindest das letztgenannte Argument ist nach Einschätzung von PRO BAHN an den Haaren herbeigezogen. „Eine entwidmete Gersprenztalbahn wird Hessen mobil nicht das benötigte Personal herbeizaubern und die Planungen für eine Ortsumgehung um keine Sekunde beschleunigen.“, so Castellanos weiter. Hinsichtlich der Kostenfrage ist er sich sicher, dass die Ortsumgehung aufgrund ihrer großen Entlastungswirkung auch inklusive der Kreuzungsbauwerke für die Bahn den positiven Nutzen-Kosten-Faktor von 5,6 nicht spürbar verändern wird [2].

 

Es ist von eminenter Bedeutung, weitsichtige Lösungen für zukünftige Herausforderungen im Verkehr zu suchen. "Wir können derzeit nicht vorhersagen, ob in zehn oder 20 Jahren eine leistungsfähigere Verkehrsverbindung ins Gersprenztal benötigt wird", warnt PRO BAHN vor voreiligen Urteilen über die Erforderlichkeit der Trassensicherung. "Es wäre grob fahrlässig, wenn ein einziges Gemeindeparlament die Reaktivierung einer ganzen Bahnlinie verhindern würde. Das wäre im Angesicht von Dieselgate und ambitionierter, aktuell jedoch weit entfernter Klimaziele kontraproduktiv und anachronistisch".

 

Der Verbraucherverband beklagt des Weiteren grundsätzlich die alternativlose Diskussion zur Entspannung der Verkehrssituation in Groß-Bieberau. Wo ist das Zukunftskonzept zur Attraktivitätssteigerung des ÖPNV? Aus Sicht von PRO BAHN sind die Verlagerungspotenziale noch nicht vollständig gehoben. Anstatt die Möglichkeit einer Bahnreaktivierung zuverhindern, rät PRO BAHN folgende Vorschläge für eine Entspannung der Verkehrssituation in Groß-Bieberau und Umgebung zu untersuchen:

 

·        Direktverbindungen von Groß-Bieberau nach Darmstadt und Frankfurt durch intelligenten Einsatz moderner Züge. So könnten schon heute Zugeinheiten aus Groß-Bieberau in Reinheim an bestehende Züge ab- und angekoppelt und dadurch Direktverbindungen in die Mainmetropole realisiert werden. Dieser Vorschlag wurde bereits durch die Odenwaldbahn-Initiative vorgetragen und ist ohne Investitionen in neue Fahrzeuge realisierbar.

·        Prüfung einer Reaktivierung bis zur 5000-Einwohner-Kommune Brensbach, deren Bewohner – ob sie wollen oder nicht – für einen nicht unerheblichen Anteil des Durchgangsverkehrs in Groß-Bieberau verantwortlich sind. Dadurch würden auf einen Schlag insgesamt rund 10 000 Einwohner an das Schienennetz angeschlossen.

·        Durchgehender Halbstunden-Takt auf der Buslinie 693 Reinheim - Groß-Bieberau - Reichelsheim – Fürth als kurzfristige Maßnahme. Hier wurden im Zuge des Nahverkehrsplans des Odenwaldkreises bereits Ansätze für die Mobilität im Gersprenztal formuliert, die kreisübergreifend gemeinsam mit DADINA und Kreis Bergstraße weiterentwickelt werden sollten.

·        PRO BAHN empfiehlt der Gemeinde, dem Landkreis und dem Regierungspräsidium Nachverhandlungen mit der Mitteldeutschen Hartstein Industrie zur Frage der Schotterverladung im Steinbruch bei Wersau. Damit würde nicht nur ein Beitrag zum nachhaltigen Schienengüterverkehr, sondern auch eine unmittelbar spürbare Entlastung der Ortslage von Groß-Bieberau vom immensen LKW-Schwerverkehr erreicht.

 

Eine Untersuchung dieser Vorschläge durch unabhängige Gutachter auf Verlagerungspotenziale hin - so sähe für PRO BAHN ein sachorientierter Umgang mit der Problematik der überlasteten Ortsdurchfahrt Groß-Bieberau aus!

 

Allein die Ausweitung des Busverkehrs wird die Menschen nicht zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel bewegen. Schließlich sind dessen Kapazitäten ab einem gewissen Punkt erschöpflich und der Beförderungskomfort systembedingt begrenzt, etwa bei der Fahrradmitnahme oder durch die Mitnutzung des Straßennetzes. „Der Bus steht im Gegensatz zur Bahn kurz vor Darmstadt zusammen mit allen Autofahrern zwangsläufig im Stau“, gibt Castellanos abschließend zu bedenken.

 

Quellen

[1] „Alte Gleise als Hindernis für Groß-Bieberauer Umgehung“, Echo-Online, 20.12.2018

[2] Pojektinformationssystem (PRINS) zum Bundesverkehrswegeplan 2030, aufgerufen am 23.12.2018

 

Leitseite

( http://tinyurl.com/190104pbpm )