Gemeinsame Pressemitteilung Hessisches Schienenbündnis vom 31.08.23 (aktualisiert 18.09.23)

Hessisches Bündnis stellt Schienenkonzept 2030 plus vor
Klare Verantwortlichkeiten, bessere Arbeitsbedingungen, leichtere Kombination mit dem Fahrrad und Hessen-Takt im Schienenpersonennahverkehr notwendig

HESSEN, 31.08.23

Heute hat das Hessische Schienenbündnis sein Schienenkonzept 2030 plus zur Zukunft der hessischen Schieneninfrastruktur veröffentlicht. An dem Bündnis sind der ADFC Hessen, der DGB-Bezirk Hessen-Thüringen (seit 15.09.23), der EVG Landesverband Hessen, der GDL-Bezirk Hessen-Thüringen-Mittelrhein, die Odenwaldbahn-Initiative, der Lumdatalbahn e.V. und der Fahrgastverband PRO BAHN Starkenburg e.V. beteiligt.

Das Bündnis fordert in seinem Konzept für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) klare Verantwortlichkeiten, bessere Arbeitsbedingungen, leichtere Kombination mit dem Fahrrad und einen täglichen Halbstundentakt als Hessen-Takt. Nur dadurch ließe sich das von der Bundesregierung angestrebte Ziel, die Verkehrsleistung im Personenverkehr bis 2030 zu verdoppeln, erreichen.

Minutengenaue Zugfahrpläne

In der ersten Auflage des 150 Seiten starken Konzepts wird am Beispiel des Teilraums Darmstadt-Starkenburg dargestellt, wie der Deutschlandtakt ganz konkret in minutengenaue Zugfahrpläne umgesetzt werden kann und welche Infrastrukturausbauten hierfür notwendig sind. Das Bündnis kritisiert, dass es von Landesseite bislang keinen eigenen Weg zum landesweiten Taktfahrplan gibt.

Des Weiteren sieht das Bündnis großen Handlungsbedarf, was die Reaktivierung von Strecken anbelangt. In dem Konzept werden 16 Strecken aufgezeigt, die reaktiviert werden müssen, um einen annähernd flächendeckenden Verkehr zu gewährleisten. Das Bündnis fordert die hessische Landesregierung auf, mehr Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr zu übernehmen.

Kurt-Michael Heß, Jurist und Sprecher der Odenwaldbahn-Initiative: „Wichtig ist, dass künftig klare Zuständigkeiten bestehen. Daran fehlt es bislang, denn die ÖPNV-Aufgabenträger sind die Kreise und kreisfreien (Sonderstatus-) Städte, die sich für den Schienenpersonennahverkehr der Verkehrsverbünde bedienen müssen. Dort wiederum befindet sich das Land im Aufsichtsrat und gibt ursprünglich für den Schienenpersonennahverkehr gedachte Regionalisierungsmittel an sie weiter. Die Folge ist ein Flickenteppich von Verantwortlichkeiten und eine unklare Rolle des Landes. Diese Situation muss aufgelöst werden: Das Land muss mehr Verantwortung im Schienenpersonennahverkehr übernehmen und für eine effizientere Mittelverwendung sowie bessere Koordinierung sorgen. Zudem muss das Land entscheiden, wo und wie viele Regionalzüge fahren sowie welche Eisenbahnstrecken reaktiviert werden und die Kommunen dabei beteiligen.“

Andreas Güth, EVG-Geschäftsstellenleiter mit Landesaufgaben für das Land Hessen: „Der vorherrschende Ausschreibungswettbewerb darf nicht zu Lasten der Beschäftigten im Verkehrsbereich gehen. Im Falle eines Betreiberwechsels müssen die Beschäftigten verpflichtend zu den bisherigen Bedingungen übernommen werden. Zudem dürfen Verkehrsverträge nur an Unternehmen vergeben werden, die sich an repräsentative Tarifverträge halten. Das Hessische Vergabe- und Tariftreuegesetz muss entsprechend geändert und dessen Einhaltung auch kontrolliert werden. Außerdem muss bei den Ausschreibungen ein Sicherheitskonzept zum Schutz der Beschäftigten und Fahrgäste vorgeschrieben werden.“

Patrick Rehn, Sprecher des GDL-Bezirks Hessen-Thüringen-Mittelrhein: „Dem offensichtlichen Personalmangel muss durch Ausbildungsquoten und ein wirksames Landesvergabe- und Tariftreuegesetz begegnet werden. Damit die Verkehrsberufe attraktiver werden, sind insbesondere längere Laufzeiten der Verkehrsverträge sinnvoll. Es muss zudem sichergestellt werden, dass alle Beschäftigten der Eisenbahnverkehrsunternehmen und der Infrastruktur ein regelmäßiges, jährliches, qualifiziertes Bildungsangebot erhalten, um den Veränderungen in den technischen, organisatorischen und Sicherheitsanforderungen gerecht zu werden. Auf Anforderung sollte dies von den Aufgabenträgern überprüft werden können.“

Sofrony Riedmann, Landesgeschäftsführer des ADFC Hessen: In den Schienenpersonennahverkehr-Verträgen muss künftig deutlich mehr Platz für die Mitnahme von Fahrrädern festgeschrieben werden. An allen Bahnhöfen und S-Bahn-Stationen soll es bis 2030 barrierefreie Zugänge und wettergeschützte, diebstahlsichere Radabstellanlagen geben.“

Micbael Rudolph, Vorsitzender des DGB Hessen-Thüringen: „Mobilität ist ein wesentlicher Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Sie muss daher für alle Menschen zugänglich und bezahlbar sein. Der DGB setzt sich für eine sozial-ökologische Mobilitätswende ein. Dafür muss der Öffentliche Personennahverkehr flächendeckend, bezahlbar und barrierefrei ausgeweitet werden. Die Engpässe in den Städten und Ballungsräumen sind zu beseitigen und die ländlichen Räume besser anzubinden. Eine bessere Vertaktung ist hierfür eine wichtige Voraussetzung. Außerdem sollte die Reaktivierung von Strecken vorangetrieben werden. Zusätzliche Angebote, wie z.B. ÖPNV auf Abruf, sollten nur als Ergänzung und in dünn besiedelten Gebieten eingesetzt werden. Das 49-Euro-Ticket ist zwar ein Weg in die richtige Richtung, reicht aber nicht aus, weil nicht genügend in die Infrastruktur, den Betrieb und das Personal investiert wird. Eine ausreichende Finanzierung des Erhalts, Neu- und  Ausbaus der Infrastruktur, des Betriebs und des Personals muss langfristig gesichert werden.“

Link zum Hessisches Schienenkonzept 2030 plus, Erste Auflage (29.08.23):
http://www.odenwaldbahn.de/230829-schienenkonzept-hessen-150-s.pdf

 

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