Pressemitteilung der Odenwaldbahn-Initiative vom 06.05.22

Angebotsorientierter Nahverkehr ist Voraussetzung für Klimaschutz
Lücken in Fahrplan und Liniennetz müssen zeitnah gefüllt werden, um Reisezeiten rasch deutlich zu verkürzen
Nötig ist mehr Unterstützung von Land und Bund – auch der Abgeordneten

DARMSTADT-DIEBURG, 06.05.22

Ein fast ganzseitiger Artikel erschien am 05.05.22 im Darmstädter Echo, verfasst von Christoph Hechler, der auch kommentierte. Er hatte bei uns gefragt, wie der ÖPNV im Landkreis (ohne direkte Betrachtung der Verbindungen in die benachbarten Oberzentren) zu einer echten Alternative zum Auto werden kann. Zu den Verbindungen nach Darmstadt, Frankfurt, Hanau, Aschaffenburg, Mainz steht daher hier wenig. Es ging auch um kurzfristig und mittelfristig mögliche Verbesserungen, weniger um die vom Dadina-Geschäftsführer am Ende des DE-Artikels erwähnten Straßenbahnstrecken nach Weiterstadt, Roßdorf und Groß-Zimmern – diese kommen nicht in dieser Wahlperiode bis 2026. Doch so lange kann nicht gewartet werden, um durch Verlagerung auf den ÖPNV Energie zu sparen. Lange Reisezeiten können kurzfristig zum einen durch Reaktivierung der vorhandenen Gersprenztalbahn, zum anderen durch neue Buslinien verkürzt werden.

Nachstehend in Auszügen der Text, dem sein Artikel zugrundeliegt:

Schon heute (2022) ist der ÖPNV im Landkreis für viele Menschen eine gute Alternative zum Auto, zum Zweitwagen sicher und für viele auch zum Erstwagen. Die Politik hat seit Gründung der Dadina 1997 (und schon zuvor im Vorgänger Regionaler Nahverkehrsverband) viel getan; teils aus eigenem Antrieb wie bei vielen Schnellbuslinien z. B. nach Groß-Umstadt (1990), teils – wie bei der Odenwaldbahn ab 1993 - erst nach Druck von Verbänden wie Pro Bahn, Odenwaldbahn-Initiative und BUND. Insofern ist das 2022 bestehende ÖPNV-Netz eine gute Basis, auf der weiter aufgebaut werden kann – wenn die Politik das Geld bereitstellt. Und weitaus mehr Menschen als es heute tun könnten schon heute Bahn und Bus nutzen. Durch die Corona-Effekte gibt es gerade im Landkreis sogar in der Hauptverkehrszeit wieder Sitzplätze.

Um für viel mehr Menschen eine echte Alternative zum Auto zu sein und die Angst vor hohen Spritpreisen zu nehmen, muss der ÖPNV täglich mindestens im Halbstundentakt (in die Darmstädter Nachbarorte mindestens im Viertelstundentakt) fahren. Davon ist die verantwortliche Politik noch weit entfernt. Ohne deutlich stärkere finanzielle Unterstützung von Bund und Land kann der Landkreis das alleine nicht finanzieren. Jedoch muss der Landkreis diese Unterstützung bei den MdB und MdL, die teils auch im Kreistag sitzen, deutlich einfordern ohne parteipolitische Rücksichtnahme. (Es geht ausdrücklich nicht darum, Autos oder deren Nutzung zu verbieten.)

Weil Energie- und CO2-Einsparung jetzt und nicht erst in der (über)nächsten Wahlperiode beginnen muss (mit Straßenbahn nach Weiterstadt oder Zimmern), müssen die vorhandenen Bahnstrecken dichter befahren werden, partielle Zweigleisigkeiten der Odenwaldbahn auf dem Hanauer Ast durchgesetzt und die Reaktivierung der vorhandenen Gersprenztalbahn nach Groß-Bieberau angegangen werden. Diese punktuellen Infrastrukturmaßnahmen sind schneller als Tram-Neubauten umzusetzen und verkürzen mit besseren Anschlüssen die Reisezeit teils deutlich, auch innerhalb des Kreises z. B. von Babenhausen (über Wiebelsbach) nach Otzberg, Reinheim, Ober-Ramstadt und Mühltal. Im Busverkehr steckt ein enormes Potenzial, das wegen der unzureichenden Finanzausstattung nicht genutzt werden kann. Dabei kann nicht auf autonome Fahrzeuge gewartet werden, sondern die Busse (und Bahnen) müssen mit gut nach Tarif bezahltem Personal fahren.

Zwischen den jeweiligen Hauptorten benachbarter Kommunen sollten direkte Linien bestehen, bei denen i. d. R. nicht umgestiegen werden muss. Umsteigeverbindungen sind bei geringem Potenzial (nicht: Nachfrage) dann angemessen, wenn die Reisezeit nicht zu stark verlängert wird und es einen dichten Takt gibt.

Nicht der Fall ist das u. a. bei folgenden Relationen:

Groß-Zimmern – Groß-Umstadt (Lösung: Verlängerung Buslinie X 78 von Groß-Zimmern nach Groß-Umstadt)

Weiterstadt – Griesheim (Lösung: neue Buslinie Weiterstadt – Griesheim - Pfungstadt)

Griesheim – Pfungstadt (Lösung: neue Buslinie Weiterstadt – Griesheim - Pfungstadt)

Mühltal – Seeheim (Lösung: Umplanung bestehender Linien N und BE1 plus einige Zusatzfahrten; damit es 45 Jahre nach der Gebietsreform auch endlich einen direkten Bus von Nieder-Beerbach zum Rathaus Nieder-Ramstadt gibt, siehe auch unten)

Mühltal – Modautal (Lösung: Buslinie NE bis Brandau im Stundentakt)

Mühltal (Wendeschleife am Bahnhof sichern) – Eberstadt – Pfungstadt (siehe Nahverkehrsplan)

Pfungstadt – Seeheim (Lösung: Tram im 15-Minuten Takt bis Alsbach, damit gute Anschlüsse in Eberstadt nach Pfungstadt und bessere Verbindungen auch für Alsbach und Jugenheim)

Groß-Bieberau – Ober-Ramstadt (Lösung: Reaktivierung Gersprenztalbahn nach Groß-Bieberau, für Direktverbindungen nach Lichtwiese, Darmstadt Nord, Frankfurt)

Teils lassen sich diese Verbindungen durch eine andere Linienstruktur schaffen, wie z. B. in Mühltal. Statt halbstündlicher Busse zwischen Nieder-Beerbach und Eberstadt kann der Bus nach Eberstadt stündlich fahren und dazwischen die Buslinie N von Bickenbach über Seeheim und Nieder-Ramstadt zum Böllenfalltor.

Eher potenzial-schwache Relationen (z. B. Altheim – Groß-Umstadt) können – außerhalb des Schülerverkehrs) mit Rufbussen bedient werden. Jedoch lassen die hohen Plattformkosten beim Dadiliner Zweifel an dessen System und dauerhafter Finanzierbarkeit aufkommen. Herkömmliche Rufbussysteme wie im Hochtaunuskreis sind vermutlich preiswerter. Mit 8 Fahrgastplätzen kann der Dadiliner meist nicht die Menge an Autofahrten verlagern, die klimapolitisch nötig ist (außer in Fischbachtal und Modautal – wo er nicht fahren soll). Da müssen eben herkömmliche Busse und Bahnen ran. Denn die heutige Autoverkehrs-Menge ist klimapolitisch nicht vertretbar. Und die Menge erneuerbar erzeugter Energie in Deutschland ist auch künftig begrenzt.

Wenn Prioritäten gesetzt werden müssen, ist z. B. ein lückenfreier 15-Min-Takt Alsbach – Seeheim – Darmstadt sinnvoller als eine neue Buslinie Pfungstadt – Seeheim, weil die Verdichtung der Tram preiswerter ist und insgesamt mehr Fahrgäste anzieht.

Auch muss Dieburg aus dem Altkreis Darmstadt besser erreichbar werden – dort ist ja die Schulstandortproblematik mit Parkdruck aktuell. Aus Roßdorf fahren alle Busse nach Dieburg den Umweg über Groß- und Klein-Zimmern, von Ober-Ramstadt nach Dieburg dauert es trotz teils gutem Anschluss per Bus über Roßdorf 49 Minuten, mit dem Zug über Darmstadt oder gar Wiebelsbach 46 Minuten. Eine stündliche Buslinie von Ober-Ramstadt Bahnhof via Roßdorf und Gundernhausen nach Dieburg könnte es in 35 Minuten schaffen. Das würde auch die Verbindung von Roßdorf nach Groß-Umstadt verbessern, wo der ÖPNV-Weg über Klein-Zimmern und Dieburg oder gar Darmstadt Ost führt (derzeit ca. 50 Minuten).

Vier wichtigste Maßnahmen im Angebot:

Täglichen Halbstundentakt auf allen vorhandenen Bahnstrecken und Buslinien als Mindestangebot umsetzen (nach Alsbach Tram, nach Weiterstadt Bus im Viertelstundentakt); beispielhaft für den Raum Groß-Umstadt und Umgebung dargestellt hier:

https://odenwaldbahn.de/?/presse/220224-odw-pm-55-umstadt.htm und hier mit Musterfahrplänen; das Konzept liegt der Dadina seit 24.02.22 vor; Frau Schweinfurth hat im DE darüber berichtet: http://www.odenwaldbahn.de/220224-bahn-buskonzept-umstadt-final.pdf

Konzept „123 km Zukunft“ mit zweigleisigen Abschnitten für die Odenwaldbahn auf dem Hanauer Ast und der Reaktivierung der Gersprenztalbahn umsetzen; das Konzept wurde der Politik und auch Herrn Bach Anfang September 2018 vorgestellt, geht (obwohl früher vorgestellt) über die „Erbacher Erklärung“ (2020) des RMV hinaus und sorgt mit den zweigleisigen Abschnitten Hainstadt-Seligenstadt und Langstadt-Klein Umstadt für deutlich bessere Anschlüsse (u. a. in Wiebelsbach) und damit schnellere Reisezeiten auch innerhalb des Landkreises und in den Odenwaldkreis:

http://www.schienenbuendnis.de/180906-pm-rsb-03.htm

http://www.schienenbuendnis.de/180906-pm-rsb-03.pdf

http://www.schienenbuendnis.de/123-km-zukunft-180630.pdf

Von den neuen Buslinien:

Im Westkreis Weiterstadt – Griesheim – Pfungstadt

Zwischen Ost- und Westkreis: Dieburg Bahnhof – Gundernhausen – Roßdorf – Ober-Ramstadt Bahnhof, um die Verbindung aus dem gesamten Ostkreis in den Südwestkreis zu beschleunigen

Plus Tarif: Ein 1.200-Euro-Jahresticket (ohne Fernverkehr) für den RMV für Alle wäre ein attraktives Angebot, um den gesamten ÖPNV in Südhessen einfach nutzen zu können. Im benachbarten VRN gibt es das bereits mit großem Erfolg; in Österreich kostet das Klimaticket fürs ganze Land 1.095 Euro inkl. ICE. Die Fahrgäste brauchen keine neuen Apps oder leere Versprechen für unfinanzierbare 365-Euro-Tickets, sondern eine preisgünstige (nicht billige) Fahrkarte, mit der sie einfach einsteigen können.

Der ÖPNV zumindest im überörtlichen Verkehr so gut sein, weil er wirklich von Allen genutzt werden kann.

Für ÖPNV-Kunden sind wettergeschützte und sichere Radabstellanlagen wichtig, also mit Dach und abschließbaren Radboxen. In Mühltal, aber auch in Darmstadt Lichtwiese, Ost, Nord, Süd gibt es keines von Beidem.

(Um den lokalen Medien die Möglichkeit zur Erstberichterstattung zu geben, wurde diese Seite erst am 07.05.22 freigeschalten.)

Leitseite

( https://tinyurl.com/220506odwpm58